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Ein Konstanzer Bürger, der sich vor einiger Zeit in
der ehemaligen deutschen Kolonie Südwest-Afrika zu Besuch aufhielt,
bekam dort ganz zufällig von einer betagten Dame einen Brief aus dem
Jahre 1879 gezeigt, der eine sehr eindrucksvolle Schilderung der
Konstanzer Fasnacht enthält. Über den Hemdglonkerumzug heißt
es: "Und jetzt will ich Dir von der Konstanzer weltbrühmten Fasnacht
erzählen, wo am Schmutzige Dunnstig, also am Donnerstag zuvor, die Fasnet
ihren Anfang nahm mit dem abendlichen Hemdglonkerumzug der Gymnasiasten,
die ihren Professoren wohl einen Fackelzug brachten, jedoch mit Katzenmusik
und Vorhalt aller ihrer Fehler. Die Buben von Quinta bis Oberprima zogen
ihre weißen Nachthemden über die Kleider, weiße
Zipfelmützen mit angehängtem Fuchs-, Katzen- oder Kuhschwanz,
brennenden Fackeln und klassenweise verschiedenen Radauinstrumenten - gleich
Gießkanne, Blechdeckel, Kuhhörner, Ratschen, auf Besenstiele
aufgezogene Ochsensehnen, die höllische Töne von sich gaben. So
zogen sie von einer Professorenwohnung zur anderen, und jeder Herr mußte
übel oder wohl sein Sündenregister anhören, wollte er nicht
von der ganzen Bürgerschaft als Feigling angesehen werden." Diese
Beschreibung aus dem Jahre 1879 ist bis jetzt die älteste Nachricht
über den Konstanzer Hemdglonker. Seit dieser Zeit hat sich einiges verändert. Es gibt Tendenzen, die letztendlich dazu führen können, dass aus diesem alten Rügebrauch ein sinnentleerter Event wird. Ein Indiz dafür sind die immer weniger werdenden Transparente, das Rügeinstrument schlechthin. Die Schüler, aus deren Reihen dieser Brauch ursprünglich entstanden ist, verstehen teilweise den Sinn nicht mehr. War es doch der Hemdglonker, der den Lehrern an diesem Tag seine Meinung sagen konnte. Dabei wurde in der Regel der Wahlspruch befolgt: "Allen zur Freud und niemand zum Leid". Diese Homepage soll helfen den tieferen Sinn des Hemdglonkerbrauches wieder zu verstehen. Wenn heute viele Schüler, Studenten und sogar Erwachsene meinen, dass ein Hemdglonker dann "voll krass" ist, wenn er im Bademantel, mit Nikolausmütze, mit Rasierschaum- und Bierdose bewaffnet, durch die Strassen rennt, dann ist Aufklärung nötig. Gebt dem echten Hemdglonker wieder sein Gesicht und seinen Sinn. Weißes Nachthemd an, Zipfelmütze auf, Transparent geschultert, Lärminstrument, Saublodere oder Lampion in die Hand, so läuft oder juckt der Hemdglonker durch die Straßen. Und wenn er kann, dann intoniert er oder eine Gruppe noch das alte Narrenlied: "Hoorig, hoorig, hoorig isch die Katz ...".
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